Eine fälschungssichere Computerdatei statt einem vielleicht zweifelhaften Stück Papier: In einem Pilotprojekt wollen Staatsregierung und Wirtschaft testen, wie sich Bewerbungen vereinfachen und vor Manipulationen schützen lassen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern will dazu vom kommenden Jahr an ihre Azubi-Zeugnisse auch in digitaler Form ausgeben – und ihnen eine Art elektronischen Schlüssel beilegen, der die Echtheit bestätigt. Sollte das Projekt erfolgreich verlaufen, wäre dies ein wichtiger Schritt bei der Digitalisierung von Verwaltungsakten und könnte manchen Gang aufs Amt überflüssig machen. „Die verifizierten Zeugnisse bedeuten für alle Beteiligten weniger Kosten und Aufwand“, sagte Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) am Mittwoch. So senke man Hürden für digitale Bewerbungsprozesse und erhöhe die Glaubwürdigkeit der eingereichten Dokumente. IHK-Präsident Eberhard Sasse sagte, seine Kammer erreichten täglich Anfragen, die Echtheit von Zeugnissen zu bestätigen. Um diesen „enormen Aufwand“ zu reduzieren, wolle man die jährlich rund 15 000 Abschlusszeugnisse der IHK-Azubis auf Basis der Blockchain-Technologie ausstellen.

Vereinfacht sind Blockchains dezentrale, sich selbst verwaltende Datenbanken. Eine Blockchain wird also nicht mehr auf einem Server gespeichert, sondern verteilt auf vielen. Das macht sie für Hacker schwerer angreifbar. Jede innerhalb einer solchen Kette abgelegte Information wird als sogenannter Block ausgegeben, eine Art digitale Urkunde mit Brief und Siegel. Im Falle des Pilotprojekts heißt das: Für jedes IHK-Zeugnis wird ein Hash-Wert berechnet. Dieser gibt Informationen als Zeichenfolge wider. Der Wert wird gespeichert und das Zeugnis dem Azubi als PDF-Dokument zugeschickt. Betriebe können später die Echtheit des Dokuments prüfen, indem sie es auf einer speziellen Internetseite hochladen. Ein Algorithmus vergleicht dann in Sekunden den verschickten mit dem hinterlegten Hash-Wert. Zusätzlich werden die Zeugnisse weiter in Papierform ausgegeben. Das Digitalministerium erhofft sich von dem Projekt Erkenntnisse, wie die Digitalisierung von Behörden und Verwaltungsakten vorangetrieben werden könnte. Denn bislang müssen Bürger auf dem Amt vorstellig werden, um sich Kopien von Verträgen oder Uni-Zeugnissen beglaubigen zu lassen. Das kostet sie Zeit und Geld und bindet in den Behörden Kapazitäten. Gleichzeitig fordert die Wirtschaft von Bewerbern und Kunden immer öfter nur digitale Kopien an, um die eigenen Abläufe zu vereinfachen. Doch Urkunden lassen sich mit Bildbearbeitungsprogrammen leicht fälschen.

Die Blockchain gilt als eine der großen Zukunftstechnologien. Ob sie hält, was sie verspricht, ist umstritten. Es gibt wenige erprobte Anwendungen. Das bekannteste Beispiel ist die Kryptowährung Bitcoin. Ihre Berechnung wird immer komplexer und verschlingt inzwischen Unmengen an Strom. Die IHK will deshalb für ihr Projekt ein anderes Blockchain-Verfahren anwenden. Für die Verifikation sei kein großes Computernetzwerk nötig, der Stromverbrauch damit „nicht wesentlich höher“ als der von normalen Datenbanken.